Das Sophia-Programm
Eine Arbeitsgruppe, die von der Abteilung Epidemiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover und der Abteilung Jugendgesundheitspflege des Gesundheitsamts der Landeshauptstadt Hannover gebildet wurde, hatte von 1981-1983 ein standardisiertes Untersuchungsprogramm sowie ein Dokumentations- und Auswertungsverfahren entwickelt, das den Kurznamen SOPHIA erhalten hatte: SOZIALPÄDIATRISCHES PROGRAMM HANNOVER - JUGENDÄRZTLICHE AUFGABEN.
Ende der achtziger Jahre untersuchten nach einer vom Gesundheitsamt Celle durchgeführten Recherche immerhin schon sechs Gesundheitsämter, davon Paderborn in NRW, nach dem SOPHIA-Verfahren.
Mit der Wiederaufnahme regelmäßiger Anwenderkonferenzen im Dezember 1993 stellten sich die sechs Gesundheitsämter (Celle, Göttingen, Stadt Hannover, Paderborn, Salzgitter und Wolfsburg) der Aufgabe, das Programm zu aktualisieren. Schon im ersten "Ergebnisband der Lernanfängeruntersuchung" aus dem Jahr 1986 hatte Prof. F. W. Schwartz (MHH) darauf verwiesen, dass ein zur Forschung verpflichtetes Hochschulinstitut auf Dauer nicht Implementierungs- und Auswertungsaufgaben für eine wachsende Zahl kommunaler Institutionen durchführen kann. Die organisatorische Lücke nach dem Ausscheiden der Abteilung der MHH schlossen die beteiligten Gesundheitsämter durch strukturierte Kooperationen.
Inzwischen arbeiten 28 Gesundheitsämter in Niedersachsen nach dem SOPHIA-Programm. Die gültige 6. Auflage der verbindlichen Arbeitsrichtlinien - bei insgesamt 9 Revisionen des Inhalts - vereinigt in sich das Wissen von nunmehr 28 Jahren der Anwendung sowie der Dokumentation und berücksichtigt die praktischen Erfahrungen von bis zu 30 Kinder- und Jugendärztlichen Diensten kommunaler Gesundheitsämter. Durch die Nutzung der elektronischen Datenerfassung und -auswertung bietet das Verfahren die Möglichkeit zu verhältnismäßig schnellen Zeitpunktanalysen und zur Beantwortung von Sonderfragestellungen.
Das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Niedersächsische Gesetz für den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD), in dessen § 5 die Landkreise und kreisfreien Städte zur Durchführung von Schuleingangsuntersuchungen verpflichtet werden, hatte besonderen Einfluss auf den Stellenwert des SOPHIA-Programms. Durch die kontinuierliche Arbeit im SOPHIA-Anwenderkreis verfügten die beteiligten Kommunen über ein modernes erprobtes System, um diesem neu formulierten Anspruch aus dem Stand gerecht zu werden.
Im Vorfeld der Schuleingangsuntersuchung 2009 wurden mehrere strukturelle Veränderungen vorgenommen. Diese waren erforderlich, weil die wissenschaftlichen Vorgaben für eine zeitgemäße Diagnostik sich geändert hatten und weil eine gemeinsame Arbeitsgruppe aller niedersächsischen Gesundheitsämter im Landesgesundheitsamt zu der Meinung gelangte, dass Anpassungen der verwendeten Programme und Systeme sinnvoll seien. Die zuletzt eingeführte fragebogengestützte Anamnese zur Beurteilung von Psyche und Verhalten der Kinder und die neuen Methoden zur Befundung des Entwicklungsstandes im Bereich Motorik haben sich in der Zwischenzeit in der Praxis bewährt.
Weiterer Handlungsbedarf bestand in den letzten Jahren durch die Notwendigkeit, die Formalien des SOPHIA-Programms an die Vorgaben des Niedersächsischen Gesundheitsdienstgesetzes anzupassen. Dieser Prozess hatte zusätzlich Auswirkungen auf die datenschutzrechtlichen Erfordernisse. Die bisher bekannten entsprechenden Vorgaben des Landesdatenschützers sind im aktuellen Untersuchungsprogramm für die Schuleingangsuntersuchung 2011 berücksichtigt. Die erforderlichen Unterlagen und Formulare werden angepasst.