Kinderschutz
Es ist der gesetzliche Auftrag des Jugendamts, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schützen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialdienstes gehen aus diesem Grund allen Meldungen, die darauf hinweisen, dass ein Kind in Gefahr sein könnte, nach.
Sie suchen den Kontakt zu der betroffenen Familie und den Kindern, um die Hinweise zu prüfen. Wenn eine Gefährdungssituation/Notlage feststellen wird, wird gemeinsam mit der Familie eine Lösungsmöglichkeit entwickelt.
„Was muss sich zum Schutz für das Kind/den Jugendlichen ändern, damit das Wohl geschützt ist? Ist die Leitfrage der Gespräche und allen Handelns.
In vielen Fällen reicht eine Unterstützung z.B. durch regelmäßige Beratungsgespräche oder eine Hilfe zur Erziehung aus. In einigen – sehr schwierigen Fällen muss das Jugendamt Kinder in Obhut nehmen. D.h. für eine kurze Zeit unterbringen, um das Wohlergehen sicherzustellen. Anschließend wird geprüft, unter welchen Bedingungen die Kinder zu den Eltern zurückkehren.
Die Kinder kehren in die Familie zurück, wenn in solch einer schwierigen und belastenden Situation die Eltern bereit sind, Hilfe anzunehmen und dadurch das Kindeswohl wieder geschützt ist.
Nehmen die Eltern keine Hilfe an oder ist trotz Hilfe das Wohl der Kinder auf Dauer gefährdet, entscheidet das Familiengericht über das Sorgerecht und den Lebensort der Kinder.
Elternrecht
Eltern haben das Recht, Erziehungsfragen eigenverantwortlich zu entscheiden und Hilfen annehmen oder ablehnen zu dürfen. Dieses Recht hat jedoch seine Grenzen, wenn daraus eine Gefahr für das Kind entsteht. Bei entsprechenden Hinweisen, dass ein Kind oder Jugendlicher in Not ist, müssen wir zwischen dem notwendigen Schutz von Kindern und den Rechten von Eltern abwägen. Bei Vernachlässigung und Misshandlung hat der Schutz des Kindes immer Vorrang. In jedem Einzelfall müssen diese Fragen beantwortet werden:
• Wie akut und wie schwerwiegend ist die Gefahr für das Kind?
• Was ist zwingend erforderlich, damit das Kind langfristig keinen Schaden nimmt?
• Und welches Handeln – ggf. auch welcher Eingriff in die Rechte von Eltern – ist dafür notwendig und gerechtfertigt?
Wie arbeitet das Jugendamt, wenn ein Kind gefährdet ist?
Kinderschutz ist eine sehr komplexe Aufgabe. Signale und Äußerungen von Kindern sind selten eindeutig: Wann ist ein Kind tatsächlich gestürzt? Wann sind blaue Flecken, Striemen oder Blutergüsse Folge von Misshandlungen und Schlägen?
Damit der Schutz von Kindern gelingt und Fachkräfte im Jugendamt klare Orientierung für ihr Handeln haben, gibt es Grundsätze, an denen das Handeln des Jugendamtes sich ausrichtet:
1. Vorrang hat der Schutz der Kinder und Jugendlichen
2. Unterstützung der Eltern: der beste Schutz für Kinder sind starke Eltern.
Deshalb richten die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialdienstes selbst in Gefahrensituationen zu allererst den Blick auf das, was Eltern (noch) zu leisten in der Lage sind, und bestärken sie, die Sorge für ihre Kinder zu übernehmen.
Gemeinsam mit den Eltern suchen die Fachkräfte nach Lösungen und stellen die notwendige Hilfe und Unterstützung bereit.
3. Ziel ist die freiwillige Zusammenarbeit der Eltern mit dem Allgemeinem Sozialdienst:
Von den Eltern wird der Kontakt zum Jugendamt manchmal als Kontrolle oder als Misstrauen erlebt. Für die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialdienstes liegt die Herausforderung darin, den Kontakt zu Müttern, Vätern, Kindern und Jugendlichen so zu gestalten, dass diese die notwendigen Unterstützungsangebote tatsächlich als Hilfe annehmen und ihnen aus eigener Überzeugung zustimmen können.
4. Einbeziehung von Mutter, Vater, Kindern und Jugendlichen:
Was müsste sich aus ihrer Sicht verändern, damit es den Kindern in der Familie wieder gut geht? Und was können sie selbst dafür tun?
5. Ein umfassendes Bild zur Beurteilung der Situation machen:
Um beurteilen zu können, ob ein Kind gefährdet ist, benötigt der Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialdienstes ein umfassendes Bild von der Familie. Aus diesem Grund finden Gespräche mit den Eltern, den Kindern und Jugendlichen statt. Teilweise finden die Gespräche bei ihnen zu Hause statt. Auch ist ein Austausch mit anderen Kontaktpersonen der Kinder z. B. in Kindergarten oder Schule möglich.
6. Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte:
Ein wichtiges Handlungsprinzip im Jugendamt ist es, über jeden Einzelfall in einem Team zu beraten. So wird sichergestellt, dass mehrere Perspektiven und ein breites Fachwissen einbezogen werden.
Erfolgreicher Kinderschutz hängt davon ab, ob es gelingt, sich ein zutreffendes Bild von der familiären Situation zu machen und den bestmöglichen Lösungsweg für das Kind zu finden. Das kann eine Person nicht alleine leisten.
7. Klar strukturierte Vorgehensweisen
Familien, Eltern und Kinder und Jugendliche, Fachkräfte aus anderen Institutionen müssen sich auf eine fachlich gute Arbeit der Mitarbeiter im Jugendamt verlassen können. Strukturierte, verpflichtende Verfahrensweisen regeln deshalb, wie mit Hinweisen auf Kindeswohlgefährdungen umgegangen wird. Dazu gehört z. B. dass
o jede Mitteilung geprüft und schriftlich dokumentiert wird,
o sich die Fachkräfte in der Regel einen persönlichen Eindruck davon verschaffen, wie es dem Kind zu Hause geht,
o Fachkräfte ihre Einschätzung auf fundiertes sozialpädagogisches Handwerkszeug wie Einschätzungsbögen, Leitfragen oder Anhaltspunkte stützen,
o mehrere Fachkräfte gemeinsam die Situation einschätzen und mögliche Lösungswege beraten.
Verdacht auf Kindeswohlgefährung - Was kann ich tun?
- Sie kommen aus dem persönlichen Umfeld der Familie
Vielleicht haben Sie einen guten Draht zur Familie und können Unterstützung anbieten. Manchmal reicht schon ein Gespräch unter Freunden, Sie können auf das Jugendamt und unsere Hilfsmöglichkeiten aufmerksam machen. Sie können die Familie gern begleiten, wenn sich die Eltern nicht allein ins Jugendamt trauen.
Wenn das alles keine Option ist können Sie das Jugendamt unter 05141 916 4343 erreichen und eine Meldung machen. Dies ist auch per Mail unter jugendamt@lkcelle.de möglich. Bitte geben Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer an. Manchmal hat der zuständige Mitarbeiter noch Rückfragen. Ihre persönlichen Daten werden vertraulich behandelt.
- Sie gehören zu einer Berufsgruppe oder einem Personenkreis die beruflich mit Kindern in Kontakt steht
Bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung bietet das Jugendamt eine fachliche Beratung für Berufsgruppen und Personen an, die beruflich mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehen gemäß § 8b SGB VIII und für Geheimnisträger gemäß § 4 KKG. Die Vorgehensweise bei der Beratung und die rechtlichen Grundlagen werden nachfolgend aufgeführt.
Wenn Sie einen Fall von Kindeswohlgefährdung melden möchten, können Sie uns eine Mail an jugendamt@lkcelle.de schicken.
- Am Wochenende
Sollten Sie sich am Wochenenden Sorgen um ein Kind machen, wenden Sie sich bitte über die Geschäftsnummer an die Polizei Celle. Die Polizei meldet sich dann beim Jugendamt.
Vorgehensweise bei einer Fachberatung
Die Beratung erfolgt in der Regel im persönlichen Kontakt in der Institution oder im Jugendamt.
Ihre Fallvorstellung muss anonymisiert erfolgen.
Rechtliche Grundlagen
SGB VIII (Sozialgesetzbuch - Achtes Buch)
§ 8a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.
(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.
(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.
(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass
1. deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2. bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3. die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
In die Vereinbarung ist neben den Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.
(5) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
§ 8b Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
(1) Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen, haben bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung im Einzelfall gegenüber dem örtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft.
(2) Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages aufhalten oder in denen sie Unterkunft erhalten, und die zuständigen Leistungsträger, haben gegenüber dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien
1. zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt sowie
2. zu Verfahren der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an strukturellen Entscheidungen in der Einrichtung sowie zu Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten
KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz)
§ 1 Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung
(1) Ziel des Gesetzes ist es, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schützen und ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung zu fördern.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder und Jugendlichen sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft ist es, soweit erforderlich, Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen, damit
1. sie im Einzelfall dieser Verantwortung besser gerecht werden können,
2. im Einzelfall Risiken für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen frühzeitig erkannt werden und
3. im Einzelfall eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen vermieden oder, falls dies im Einzelfall nicht mehr möglich ist, eine weitere Gefährdung oder Schädigung abgewendet werden kann.
(4) Zu diesem Zweck umfasst die Unterstützung der Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung durch die staatliche Gemeinschaft insbesondere auch Information, Beratung und Hilfe. Kern ist die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebots im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter (Frühe Hilfen).
§ 4 Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung
(1) Werden
1. Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen oder Entbindungspflegern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2. Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,
3. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -beratern sowie
4. Beraterinnen oder Beratern für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5. Mitgliedern oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich anerkannten Sozialpädagoginnen oder -pädagogen oder
7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen
in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
(2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschätzung der Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren.
(3) Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen.