Inhalt

Vorlage - An0031/2021-2026VO  

Betreff: Erneuerbare Energien auch im LSG Südheide ermöglichen; Antrag der SPD-Fraktion v. 21.09.2022
Status:öffentlich  
  Bezüglich:
An0031/2021-2026
Federführend:Dez. III - Amt für Umwelt und ländlichen Raum   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umwelt und ländlichen Raum Vorberatung
17.11.2022 
des Ausschusses für Umwelt und ländlichen Raum zurückgestellt   
02.03.2023 
des Ausschusses für Umwelt und ländlichen Raum ungeändert beschlossen   
Kreisausschuss Vorberatung
Kreistag Entscheidung
08.03.2023 
des Kreistages ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Anlagen:
An0031-2021-2026

Kurze Sachdarstellung:

 

Der Landkreis Celle unterstützt die schnellstmögliche Erreichung der im Niedersächsischen Klimagesetz (NKlimaG) definierten Niedersächsischen Klimaschutzziele.

 

In Erwägung nachstehender Gründe ist eine Änderung der Verordnung über das LSG "Südheide im Landkreis Celle" (LSG-VO) nicht zielführend:

 

  1. Im Hinblick auf die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) und c) des Niedersächsischen Klimagesetzes (NKlimaG) definierten Niedersächsischen Klimaschutzziele erscheint es derzeit nicht notwendig zu sein, hochwertige LSG-Flächen für Solarparks zur Verfügung zu stellen, denn 50 von angestrebten 65 Gigawatt Leistung durch Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie sollen auf bereits versiegelten bzw. bebauten Flächen entstehen. Die restlichen 15 Gigawatt können auch außerhalb von Schutzgebieten erzeugt werden. In § 3Abs. 1 Nr. 3 b) und c) NKlimaG heißt es:

 

"…Ausweisung von mindestens 0,47 Prozent der Landesfläche bis zum Jahr 2033 als Gebiete für die Nutzung von solarer Strahlungsenergie zur Erzeugung von Strom durch Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Bebauungsplänen der Gemeinden, … die Realisierung von insgesamt mindestens 30 Gigawatt installierter Leistung zur Erzeugung von Strom aus Windenergie an Land und von insgesamt mindestens 65 Gigawatt installierter Leistung zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie (Photovoltaik) bis zum 31. Dezember 2035, davon 50 Gigawatt installierter Leistung zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf bereits versiegelten Flächen und auf Flächen, an oder in einem Gebäude oder einer sonstigen baulichen Anlage, die vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden sind, im Übrigen in Form von Freiflächen-Photovoltaik…"

 

  1. Die Ziele z.B. des § 1 Abs. 4 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), "zur dauerhaften Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und Landschaft, insbesondere Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern, vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren", sollten auch im Rahmen der Energiewende Beachtung finden, denn die notwendige und begrüßenswerte Erzeugung von Energie durch Windkraft und Freiflächen-Photovoltaik im Rahmen der Energiewende ist mit erheblichen, landesweiten, dauerhaften, möglicherweise ungesteuerten Landschaftsbildveränderungen verbunden, die erhebliche Beeinträchtigungen von Schönheit und Erholungswert von Natur und Landschaft zur Folge haben. Deshalb sollte das im Naturpark Südheide gelegene LSG "Südheide im Landkreis Celle" im Rahmen der verbliebenen gesetzlichen bzw. planerischen Möglichkeiten vor derartigen Veränderungen geschützt werden. Das würde dazu beitragen, dass der Naturpark Südheide, mit dem eine Balance zwischen intakter Natur, ihrer Nutzung für den landschaftsbezogenen und sanften Tourismus, wirtschaftlichem Wohlergehen und guter Lebensqualität angestrebt wird, weiterhin den in § 27 BNatSchG genannten Zwecken dienen kann.

 

  1. Mit der Neuausweisung und Neuabgrenzung des LSG "Südheide im Landkreis Celle" im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Celle im Jahr 2016 sollten die besondere Wertigkeit des Raumes für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sowie dessen Bedeutung für den Biotopverbund in Fortführung des jahrzehntelang bestehenden Landschaftsschutzes weiterhin dauerhaft gesichert werden. Zugleich sollte den Kommunen, der Wirtschaft sowie den landwirtschaftlichen Betrieben der erforderliche Raum für möglichst natur- und landschaftsverträgliche Erweiterungen eingeräumt werden. Durch die Neuausweisung wurden daher die weniger schutzwürdigen Gebiete und u.a. die Höfe aus dem LSG herausgenommen, so dass seither weitere 974 ha bzw. 0,63 % der Landkreis-Fläche im Rahmen der gesetzlichen bzw. planerischen Möglichkeiten für kommunale bzw. wirtschaftliche Entwicklungsplanungen einschl. Planungen zur Erreichung der Klimaschutzziele zur Verfügung stehen. Bei der verbliebenen LSG-Fläche handelt es sich daher nunmehr um ein Gebiet, das einen umfassenden Schutz verdient.

 

  1. Im LSG besteht deshalb gem. § 26 Abs. 2 BNatSchG (in Verbindung mit § 4 Nr. 1 LSG-VO) grundsätzlich ein absolutes Bauverbot. Demnach ist es verboten, Anlagen aller Art zu errichten oder wesentlich zu verändern, auch wenn die Maßnahmen zeitlich befristet sind, weil diese den Charakter des Gebiets verändern bzw. dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Sie können sowohl das Landschaftsbild als auch den Naturhaushalt erheblich beeinträchtigen und den Naturgenuss stören. Ihre Nutzung führt auch nach der Fertigstellung zu einer Beunruhigung der Natur. Gemeint sind alle baulichen Anlagen im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Da es nach § 26 Abs. 2 BNatSchG verboten ist, den Charakter eines LSG zu verändern oder Veränderungen zuzulassen, die dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, können PV-Anlagen aufgrund ihrer Größe nicht durch eine textliche Änderung der LSG-VO im LSG zugelassen werden, sondern es müsste ein Ausgrenzungsverfahren aus dem LSG durchgeführt werden.

 

Bestimmte Handlungen unterliegen im LSG zwar dem sog. Erlaubnisvorbehalt, das heißt sie können zugelassen werden, wenn die Handlung nicht geeignet ist, den Charakter des Gebietes zu verändern oder dem besonderen Schutzzweck gem. § 2 und § 3 der LSG-VO zuwiderzulaufen. Das trifft allerdings nicht zu auf stark flächenbeanspruchende Solarparks, die vor allem mit einem Verlust an Vegetationsfläche bzw. Biotopen einhergehen und sich negativ auf das Landschaftsbild und die landschaftsgebundene Erholung auswirken, u.a. durch die technische Überprägung der Landschaft, Sichtverschattungen sowie optische Fern- und Reflektionswirkungen.

 

  1. Indem der Bundesgesetzgeber nunmehr nur den Bau von Windkraftanlagen in LSG zugelassen hat (§ 26 Abs. 3 BNatSchG), ist er konsequent bei seiner Systematik aus dem Baugesetzbuch (BauGB) geblieben, wo er in § 35 Abs. 1 zwar u.a. die Nutzung der Windenergie im Außenbereich privilegiert hat, nicht jedoch die Nutzung solarer Strahlungsenergie in Form von Freiflächen-PV-Anlagen. Diese sieht er damit an anderen Stellen besser verortet.  r sie ist eine Bauleitplanung erforderlich, bestehend aus einer Änderung des Flächennutzungsplans sowie der Aufstellung eines Bebauungsplans. Ausnahmen sind Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen und die Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist.

 

  1. Freiflächen-PV-Anlagen können nach alldem nicht im Rahmen einer textlichen Änderung der LSG-VO und eines sich anschließenden Bauantrags verwirklicht werden. Vielmehr müsste die örtlich zuständige Kommune entscheiden, ob sie für das Vorhaben einen Flächennutzungs- und Bebauungsplan aufstellen möchte. Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Kommune vorher ein Planungskonzept aufstellt, wo sie solche Anlagen in ihrem Hoheitsgebiet zulassen will. Ein naheliegendes Kriterium der Kommune könnte sein, dass sie PV-Anlagen nur auf Flächen zulässt, deren Böden für die Landwirtschaft nicht besonders ertragreich sind. Ertragreiche Böden kämen dann als Standorte nicht in Betracht. Genauso könnte sie auch PV-Anlagen in Bereichen ausschließen, die für den Natur- und Landschaftsschutz besonders relevant sind.  Sollte die Gemeinde bei ihrer Wertung zu dem Ergebnis kommen, dass sie eine PV-Anlage auf der besagten Fläche zulassen möchte, muss zusätzlich durch den Landkreis ein Ausgrenzungsverfahren durchgeführt werden. Dieses Verfahren würde, je nach Intensität der dabei eingehenden Stellungnahmen, mindestens ein Jahr beanspruchen. Soweit damit dann eine neue oder zusätzliche Beschwer für eine Person oder zum Beispiel eine Naturschutzvereinigung verbunden sein sollte, wäre zudem ein Normenkontrollverfahren möglich. Ein Änderungsverfahren würde zudem auch die Diskussion eröffnen, andere Regelungen zu überpfen und gegebenenfalls zu ändern. Hier würden wahrscheinlich eine Vielzahl von Wünschen und Hinweisen geäert werden, die insgesamt den ursprünglichen Zweck des LSG in Frage stellen könnten.  Abschließend käme erst nach dem Bauleitplan- und dem Ausgrenzungsverfahren das ebenfalls erforderliche Bauantragsverfahren hinzu.

 

  1. Der Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen birgt für die landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Celle Chancen und Risiken. Zum einennnen hierdurch interessante Einkunftsalternativen für die Landwirtschaft entstehen, sofern diese auf betriebseigenen Flächen stattfindet und einen untergeordneten Teil der Flächen einnimmt. Anderseits droht hier aber ein dauerhafter weiterer Verlust von Flächen auf zum Teil produktiven Standorten, durch die je nach Umfang des Flächenentzugs die Existenzgrundlage landwirtschaftlicher Betriebe verloren gehen kann. Das gilt besonders für die Fälle, die für die Tierhaltung oder für Sonderkulturen auf diese Fchen angewiesen sind.

Das o.g. Ausbauziel in § 3 Abs. 1 Nr. 3b) NKlimaG von 0,47 % der Landesfläche würde auf den Landkreis Celle bei einer Flächengröße von 1.554 km² den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen auf rd. 730 ha erfordern. Geht man davon aus, dass es in Niedersachsen Regionen gibt, die aufgrund der Siedlungsstrukturen diesen Beitrag nicht erreichen können, wird die Nachfrage nach Flächen im Landkreis noch größer sein. Hinzu kommen auch noch die Flächen für die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen. Dieser weitere massive Flächenentzug wird die Nachfrage nach Pachtflächen und damit auch die Pachtpreise nochmals erheblich steigen lassen (Quelle: Auszüge aus einem Artikel aus „Das Landvolk“ 04/2022).

 

  1. Auch aus Sicht des Gemeinwohls birgt die verstärkte Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für die Energieerzeugung Risiken, da es sich bei landwirtschaftlich nutzbarem Boden um ein begrenztes, nicht vermehrbares Gut handelt. Angesichts der bevorstehenden Klimaveränderungen (u.a. längere Dürrephasen, häufigere Starkregenereignisse), steigenden Transportpreisen, globalem Bevölkerungswachstum und schwer kalkulierbaren (internationalen) Krisenlagen gewinnt die heimische landwirtschaftliche Produktion weiter an Bedeutung. Der Bedarf an regional produzierten Lebensmitteln steigt, auch mit Blick auf die angestrebte Versorgungssicherheit. Es wird daher darauf ankommen, den notwendigen und politisch gewollten Zubau an PV-Anlagen im vorrangig auf Dachflächen und bereits versiegelte Flächen zu lenken und mit zweiter Priorität (15 GW von 65 GW, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) NKlimaG) auch auf solche Freiflächen, die für die landwirtschaftliche Produktion wenig geeignet und deren Nutzung mit geringen Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden sind (Quelle: Arbeitshilfe „Planung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Niedersachsen“ von NLT, NSGB sowie ML und MU).



 

Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit:

 

§ 58 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG

 

Beschlussvorschlag:

 

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „dheide im Landkreis Celle“ wird nicht geändert. Der Antrag An0031/2021-2026 wird damit für erledigt erklärt.             
 

Finanzielle und steuerliche Auswirkungen:

 

keine

 

Anlage:

 

Antrag An0031/2021-2026


 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich An0031-2021-2026 (374 KB)    
Stammbaum:
An0031/2021-2026   Erneuerbare Energien auch im LSG Südheide ermöglichen; Antrag der SPD-Fraktion v. 21.09.2022   LR/Dez. I - Landratsbüro   Antrag
An0031/2021-2026VO   Erneuerbare Energien auch im LSG Südheide ermöglichen; Antrag der SPD-Fraktion v. 21.09.2022   Dez. III - Amt für Umwelt und ländlichen Raum   Beschlussvorlage